Unfallersatztarif
Wenn im Nachgang zu einem Verkehrsunfall ein Mietwagen in Anspruch genommen werden muss, sollte dies nicht „blind" und ohne Rücksicht auf die Kosten geschehen. Anderenfalls läuft ein Geschädigter Gefahr, trotz voller Schadenersatzpflicht des Versicherers auf einem erheblichen Teil der Kosten sitzen zu bleiben.
Nahezu alle Autoversicherer haben in den letzten Jahrzehnten neben den üblichen Normaltarifen so genannte Unfallersatztarife entwickelt, welche deutlich teurer als Normaltarife sind. Mitunter gab und gibt es Unfallersatztarife, die doppelt so teuer sind wie der herkömmliche Tarif für eine Anmietung des gleichen Fahrzeugs. Ein Grund für diese Entwicklung dürfte mehr oder weniger darin liegen, dass ein Unfallgeschädigter mit Hinblick darauf, dass der gegnerische Versicherer die Kosten tragen müsse, sich kaum für den tatsächlichen Mietpreis interessiert. Niemand würde unter normalen Umständen ein Auto mieten, ohne vorher nach dem Preis zu fragen. Nach Verkehrsunfällen ist dies aber die Regel. Bestärkt werden die Geschädigten meistens auch noch durch die Autovermieter, die den Unfall-Kunden darin bestärken, dass die Kosten ihn ohnehin nicht interessieren müssten, weil diese ja vom Versicherer getragen werden.
Da diese Entwicklung zu immer höheren Regulierungsleistungen führte, kämpften die Versicherer hiergegen juristisch jahrelang an. Schließlich wurde vom BGH ein Machtwort gesprochen. Leider ging die Sache in erster Linie zu Lasten der Geschädigten aus. In verschiedenen Entscheidungen kam man zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte nur dann Anspruch auf den Unfallersatztarif hat, wenn ihm in der konkreten Situation kein Normaltarif zugänglich war. Letzteres wird vom Versicherer natürlich regelmäßig behauptet und meistens auch bewiesen.
Das Problem ist, dass einem normalen Geschädigten überhaupt nicht bekannt ist, dass es einen Normaltarif und einen deutlich teureren Unfallersatztarif gibt. Bekommt der Autovermieter mit, dass es sich um einen Haftpflichtfall handelt, wird regelmäßig nur der Unfallersatztarif angeboten. Der Geschädigte weiß dann in der Regel nicht, dass er zu einem deutlich teureren Tarif anmietet. Mangels Kenntnis der Sachlage und in dem vom Autoversicherer bestärkten Bewusstsein, dass die Kosten ohnehin der Versicherer trägt, fragt der Geschädigte natürlich auch nicht nach günstigeren Tarifen. Wer noch nie mit dieser Materie zu tun hatte, weiß schließlich nicht, dass es für die Anmietung von ein und demselben Auto verschiedene Tarife mit immensen Preisunterschieden gibt.
So kann es am Ende ein böses Erwachen geben, wenn der Versicherer nur einen Teil der Kosten unter Verweis auf einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht zahlt. Gleichzeitig verlangt der Autovermieter den vollen Mietpreis, denn er hat einen wirksam abgeschlossenen Mietvertrag über den hohen Preis. Zwar treffen den Autovermieter insoweit Belehrungspflichten, aber der Nachweis eines Verstoßes lässt sich regelmäßig nur schwer führen.