Verkehrsunfall

Auf dem Gebiet des Verkehrsunfallrechts gibt es eine ganze Reihe von rechtlichen Problemen, mit denen ein Unfallgeschädigter konfrontiert werden kann.

1. Wer hat Schuld?

Zuerst ist immer die Frage der Haftung zu prüfen.

Für viele Geschädigte ist die Haftung oft vermeintlich „klar“. Bei genauerer Prüfung kommt dann aber doch eine Mithaftung in Betracht. Eine Mithaftung ergibt sich oft aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs, sofern der Unfall nicht unabwendbar war.

Allein aus diesem Grund sollte man keinesfalls am Unfallort vorschnell irgendein Schuldanerkenntnis abgeben. Eine solches Anerkenntnis macht schlichtweg keinen Sinn, selbst wenn man tatsächlich allein das Verschulden am Unfall haben sollte. Im umgekehrten Fall bedeutet ein solches Anerkenntnis aber auch nicht, dass damit die Haftung abschließend und rechtswirksam geklärt ist. Ein solches Anerkenntnis kann durchaus widerrufen werden, wenngleich das Anerkenntnis zu einer Beweislastumkehr führen kann.

Sofern eine polizeiliche Unfallaufnahme erfolgt und die Polizeibeamten eine Verkehrsordnungswidrigkeit vorwerfen, sollte der Tatvorwurf nicht vorschnell eingeräumt werden.

2. Was wird ersetzt?

- Rechtsanwaltskosten

Diese Schadenposition ist sicher nicht die Bedeutendste, aber es gibt einen Grund, warum diese hier zuerst genannt wird.

Viele Geschädigte wissen nicht, dass man bei einem unverschuldeten Unfall als Geschädigter für die Durchsetzung seiner Ansprüche einen Anwalt beauftragen kann und der Schädiger bzw. dessen Versicherer die dadurch entstandenen Rechtsanwaltskosten ersetzen muss.

Es handelt sich hier um eine Schadenposition wie jede andere Schadenposition, bspw. Gutachterkosten o. ä.

Gerade weil zu Beginn einer Schadenregulierung die größten und meisten Fehler gemacht werden können, sollte schon zu Beginn ein Anwalt hinzugezogen werden. Dies gilt vor allem, wenn man der festen Überzeugung ist, dass das Verschulden am Unfall den Unfallgegner trifft. 

Bevor man selbst mit der Versicherung verhandelt oder irgendein Formular ausfüllt, sollte man sich vor Augen halten, dass man einem Sachbearbeiter der Versicherung gegenüber tritt, welcher tagtäglich nur mit Schadenregulierungen zu tun hat. Denknotwendig ist dieser Schadensachbearbeiter von seinem Arbeitgeber eher darin geschult, möglichst wenig zu regulieren. Dabei wird oft bewusst oder unbewusst über das Ziel hinausgeschossen. Auch wird gern „Klagepoker“ gespielt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Regulierungsbereitschaft in den letzten Jahren immer mehr abgenommen hat und wir immer mehr „amerikanische“ Verhältnisse erleben.

- Fahrzeugschaden

Beim Fahrzeugschaden stellt sich zuerst die Frage, wie dieser beziffert werden kann.

Hier besteht die Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten zur Schadenhöhe einzuholen. Alternativ kommt die Erstellung eines Kostenvoranschlages durch eine (Vertrags-)werkstatt in Betracht.

Sofern von einem wirtschaftlichen Totalschaden auszugehen ist, kann der Wiederbeschaffungswert in der Regel nur durch einen Sachverständigen ermittelt werden.

Sowohl beim Ersatz von Reparaturkosten als auch beim Ersatz des Wiederbeschaffungswertes ist zu beachten, dass gemäß § 249 Abs. 2, Satz 2 BGB die enthaltene Mehrwertsteuer nur zu ersetzen ist, wenn diese auch tatsächlich angefallen ist. Eine fiktive Abrechnung erfolgt daher nur ohne Mehrwertsteuer.

Beim Wiederbeschaffungswert ist aber zu beachten, dass je nach Alter des Fahrzeugs ein Mehrwertsteuerbetrag voll (Regelbesteuerung), teilweise (Differenzbesteuerung) oder auch gar nicht enthalten sein kann.

Beim Ersatz von Reparaturkosten ist seitens der Versicherungen die Tendenz festzustellen, dass Kostenvoranschläge oder Sachverständigengutachten häufiger gekürzt werden, und zwar auf die Stundenverrechnungssätze von günstigeren Werkstätten. Ebenso werden auch gern Aufschläge auf Ersatzteile, Verbringungskosten u. ä. gestrichen. Ein solches Vorgehen ist mit der Rechtsprechung nicht immer in Einklang zu bringen und sollte daher nicht ohne weiteres akzeptiert werden.

- Sachverständigenkosten

Die durch ein Gutachten zur Ermittlung der Schadenhöhe entstandenen Gutachterkosten sind grundsätzlich vom Schädiger bzw. dessen Versicherer zu ersetzen.

Zu beachten ist, dass von der Rechtsprechung bei einer Schadenhöhe von ca. 500,00 bis ca. 750,00 € eine Bagatellgrenze angenommen wird. Das heißt, sofern der festgestellte Schaden diese (fließende) Grenze unterschreitet, kann es sein, dass die Erstattung der Gutachterkosten von der Versicherung abgelehnt wird.

Falls nach überschlägiger Schätzung zu erwarten ist, dass der Schaden in dieser Größenordnung liegt, sollte vorsorglich erst einmal ein (möglichst kostenfreier) Kostenvoranschlag von einer Vertragswerkstatt eingeholt werden.

Grundsätzlich abzuraten ist davon, dem Schädiger bzw. dessen Versicherer die Auswahl und Beauftragung des Sachverständigen zu überlassen. Es wurden schon gravierende Unterschiede zwischen Gutachten, die von Versicherungen in Auftrag gegeben wurden, und denen, die seitens der Geschädigten beauftragt wurden, festgestellt.  

- Auslagenpauschale

Von der Rechtsprechung wird dem Geschädigten eine Auslagenpauschale zuerkannt, welche in der Regel bei 25,00 € liegt. 

Diese Pauschale inkludiert die dem Geschädigten aufgrund des Unfalls entstandenen Fahrt-, Porto- und Telekommunikationskosten.

Der Geschädigte kann einen höheren Betrag geltend machen, dessen konkreten Anfall er dann aber nachweisen muss. Lediglich bei Großschäden kann von vornherein auch eine höhere Pauschale gerechtfertigt sein.

- Mietwagenkosten / Nutzungsausfallentschädigung

Bei den Mietwagenkosten gibt es eine ganze Reihe von Fallstricken, über die ein Geschädigter stolpern kann. Man sollte sich als Unfallgeschädigter auf keinen Fall vorschnell einen Mietwagen mit dem Argument, dass den sowieso die Versicherung bezahlen muss, „aufschwatzen“ lassen.

Sowohl bei der Geltendmachung von Mietwagenkosten als auch bei der Nutzungsausfallentschädigung kommt es darauf an, dass eine Nutzungsmöglichkeit als auch ein Nutzungswille bestanden haben, was gegebenenfalls nachzuweisen ist.

Folgende Dinge sollten vor allem bei einer unfallbedingten Anmietung beachtet werden: 

  • Genau prüfen, ob man einen Mietwagen wirklich benötigt. Sofern man den Zeitraum des Nutzungsausfalls auch ohne Mietwagen überbrücken kann, besteht nämlich die Möglichkeit Nutzungsausfallentschädigung zu verlangen. Das heißt, man bekommt bares Geld, weil man sein Auto nicht nutzen kann. Die Höhe des betreffenden Tagessatzes richtet sich nach den einschlägigen Nutzungsausfalltabellen. Auch hier sollte geprüft werden, dass nicht ein zu geringer Betrag zugrunde gelegt wurde.
  • Bei der Mietwagennutzung sollte eine gewisse durchschnittliche Mindestnutzung pro Tag erfolgen. Wenn man bspw. einen Mietwagen für einen nicht unerheblichen Preis anmietet und dann nur 5 km pro Tag damit fährt, wird sicher der Einwand kommen, dass eine Anmietung nicht erforderlich war, weil man für wesentlich geringere Kosten für diese Strecke auch ein Taxi hätte nutzen können. Es gibt hierzu keine gesetzlich verankerte Mindestfahrleistung. Aber mit mindestens 20 – 30 km pro Tag dürfte man auf der sicheren Seite sein. 
  • Keinen so genannten Unfallersatztarif abschließen! Solche Tarife liegen deutlich über den Normaltarifen, weshalb es Probleme mit der Erstattungsfähigkeit geben wird.
  • Nach Möglichkeit einen Wagen einer niedrigeren Klasse anmieten (also bspw. Polo statt Golf). Grundsätzlich hat der Geschädigte schon Anspruch auf einen Mietwagen gleicher Klasse. Der Geschädigte muss dann aber grundsätzlich damit rechnen, dass vom Versicherer ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen erfolgt. Die Höhe dieses Abzuges ist nicht einheitlich geregelt. Mit ca. 10 % der entstandenen Mietwagenkosten muss man schon rechnen. Dieser Abzug lässt sich vermeiden, wenn man einen Wagen einer niedrigeren Klasse anmietet. Dieser „Deal“ ist aber nicht zwingend, weshalb es empfehlenswert ist, dies mit dem betreffenden Versicherer abzustimmen.

Die oben aufgeführten Punkte sind nicht abschließend.

Erhebliches Streitpotenzial birgt auch immer die Frage, welcher Nutzungsausfallzeitraum zugrunde zu legen ist. Das ist die Dauer, für welche Nutzungsausfallentschädigung gezahlt bzw. Mietwagenkosten ersetzt werden müssen.

Keinesfalls ist nur der im Schadengutachten angegebene Zeitraum allein maßgeblich. Bei diesem Zeitraum handelt es sich nämlich nur um den prognostizierten Wiederbeschaffungszeitraum bzw. Reparaturzeitraum. Selbst diese Angabe des Sachverständigen ist nicht allein entscheidend, denn in vielen Fällen liegen Umstände vor, die eine Abweichung von dem vom Sachverständigen nur prognostizierten Zeitraum rechtfertigen.

Der Nutzungsausfallzeitraum setzt sich aber nicht lediglich aus Reparaturzeitraum bzw. Wiederbeschaffungszeitraum zusammen.

Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung richtet sich nach der insoweit maßgeblichen Schwacke-Liste. Dabei spielen auch noch Faktoren wie bspw. das Fahrzeugalter eine Rolle. Ein verkehrsrechtlich orientierter Anwalt verfügt in jedem Fall über diese aktuellen Listen.

Bei Beschädigung oder Zerstörung eines gewerblich genutzten Fahrzeugs kann in der Regel keine Nutzungsausfallentschädigung geltend werden. In der Regel bleibt es dann beim Ersatz der Vorhaltekosten. Auch diese Kosten können in pauschalierter Form der Schwacke-Liste entnommen werden.

Auch der Ersatz von Mietwagenkosten ist bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug nicht ohne Weiteres möglich. Hier spielt insbesondere eine Rolle, ob der durch den Ausfall des Fahrzeugs entstehende Ertragsausfall unter den Mietwagenkosten liegt. Anderenfalls könnte sich die Inanspruchnahme eines Mietwagens verbieten, weil stattdessen nur der Ertragsausfall geltend gemacht werden kann (Schadenminderungspflicht!). Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Argumenten, die doch die Inanspruchnahme eines Mietwagens rechtfertigen können.

Auch ist immer zu prüfen, inwieweit neben der gewerblichen Nutzung auch eine Privatnutzung vorliegt, welche dann doch eine Nutzungsausfallentschädigung oder einen Mietwagen rechtfertigen könnte.

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